Menschenfreundlicher Gott
Liebe Leserinnen und Leser!
Nun ist die Weihnachtszeit vorbei, auch in der Kirche ist wieder der Alltag eingekehrt. Hier und da steht noch ein Baum mit Krippe etwas länger, als das (liturgische) Gesetz es vorschreibt. Ich mag das, so können wir den Lichterglanz voll auskosten. Wir Katholiken sind halt Genießer und richtig gut im Feiern!
Das könnte daran liegen, dass auch Jesus gefeiert hat – an diesem Sonntag hören wir das Evangelium von der Hochzeit zu Kana. Die Geschichte ist bekannt: Jesus ist mit Mutter, Brüdern und Jüngern auf einer Hochzeit, und der Wein geht zur Neige. Auf Drängen seiner Mutter verwandelt Jesus mal eben ein paar hundert Liter Wasser in Wein.
Was für ein Gegensatz zu Johannes dem Täufer, von dem unmittelbar vorher berichtet wird. Der lebt in der Wüste als Asket und predigt die Umkehr. „Das Himmelreich ist nahe“ klingt bei ihm bedrohlich. Die Erzählung von der Hochzeit (egal, ob man an das physikalische Wunder nun glaubt oder nicht) macht dagegen deutlich: Jesus ist kein Asket. Und wenn er tatsächlich von Gott gesandt ist, dann muss das ein sehr menschenfreundlicher Gott sein, einer, der dem Leben zugewandt ist.
Was kann das jetzt für uns heute bedeuten? Zunächst mal fallen mir die Vielen ein, die den wunderbaren Wein trinken und gar nicht wissen, dass er vor kurzem noch Wasser war. Menschen, die keinen Gedanken an Gott verschwenden, ihn auch nicht vermissen. Das könnte einen deprimieren – allerdings war das in Kana ja auch schon so! Auch da haben zunächst mal nur die Jünger das Wunder mitbekommen. Die anderen Gäste haben sich halt gewundert, dass der Wein plötzlich viel besser war. Keine Gottesoffenbarung!
Bleibt für mich die Frage, ob diese wenigen, die Jesus erkennen, denn wenigstens den Wein genießen. Manchmal habe ich den Verdacht, dass bei uns noch eine Menge „Jünger des Johannes“ rumlaufen. Damit meine ich nicht unbedingt nur Asketen, die gibt es natürlich auch. Askese kann ja auch etwas sehr Gutes sein – mir geht es aber um das Gottesbild, das dahintersteckt.
Wenn wir uns bemühen, möglichst glaubwürdig als Christen zu leben, tun wir das, weil Jesus uns Mut macht, unser Leben zu erneuern – und durch uns auch die Welt? Oder tun wir es, weil es unsere Pflicht ist? Und falls wir uns verpflichtet fühlen: was könnte uns drohen, wenn wir unsere Pflicht verletzen?
Ich bin zutiefst überzeugt, dass Angst in der Lehre Jesu keinen Platz hat. Er predigt und lebt vor, dass Gott nahbar und freundlich ist, dass er uns liebt und geliebt werden will. Lassen wir uns davon ermutigen und stärken.
Herzliche Grüße