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"Kontrollverlust im Reich Gottes"

EU Wahl
Datum:
13. Juni 2024
Von:
Sr. Barbara

Liebe Leserinnen und Leser!

Nun ist das Wahlergebnis ausgezählt und analysiert. Jubel und Empörung sind abgeflaut. Und jetzt? 

Unabhängig davon, wo man sein Kreuzchen gemacht hat, bleibt das komische Gefühl: Ich habe das Meine getan, jetzt macht ihr (Politiker) mal. Das ist halt in der Demokratie so: Die Macht geht vom Volk aus, jede Stimme zählt, aber nach der Wahl können wir „kleinen Leute“ die weiteren Entwicklungen nicht mehr direkt beeinflussen. Wir haben die Weichen gestellt. Jetzt heißt es warten, was die Politiker mit der Macht, die wir ihnen gegeben haben, tun. 

Das kam mir in den Sinn, als ich das Evangelium dieses Sonntags las. Jesus spricht über das Reich Gottes. Das sei wie der Samen, der ausgesät wird. Der Sämann legt sich hin und schläft, der Samen wächst, und der Sämann weiß nicht wie. – Ein etwas rätselhaftes Bild.

Das Aussäen, das ist noch aktiv. Das klingt kraftvoll, sehr sympathisch. Aber dann: Hinlegen? Schlafen? Nicht wissen? Wachsen lassen? Das heißt ja, die Kontrolle völlig aus der Hand zu geben. Sowas – ganz ehrlich – mag ich gar nicht gern, kann ich auch nicht gut! 

Allerdings macht das Bild auch deutlich: Es liegt nicht im Ermessen des Sämanns, ob er die Kontrolle aus der Hand gibt oder nicht. Er kann das Wachsen der Saat schlicht nicht beeinflussen, selbst wenn er jätet und düngt, bleibt das Wachstum an sich doch unverfügbar. Es gibt den Moment, wo er alles ihm Mögliche getan hat und einfach warten muss.

Und so soll das Reich Gottes sein? Kontrollverlust und Ungewissheit? 

Man könnte es auch positiv formulieren: Die Kontrolle über das Reich Gottes liegt bei niemand anderem als bei Gott selber. Gott ist eben kein EU-Politiker, die ihre Macht von uns haben und deren Taten wir deshalb auch zurecht aufmerksam begutachten. Gott hat seine Macht aus sich selbst. Sein Reich kommt und wächst so, wie Er es will. Das fordert von uns Vertrauen.

Es entlastet uns aber auch! Wir sind nicht für das Wachsen verantwortlich. Wir müssen weder die Kirche noch den Glauben noch das Reich Gottes retten. Egal sind wir allerdings auch nicht. Wir sollen den guten Samen aussäen: Wahrnehmen, wer gerade ein offenes Ohr oder meinen Trost braucht. Handfeste Unterstützung in der Not. Aber auch ein klares Wort zur rechten Zeit, vielleicht sogar ein Glaubenszeugnis. Das ist gute Saat, damit sollen wir nicht sparen. Wenn sie gesät ist, können wir nichts erzwingen. Es bleibt uns, in Gelassenheit und Vertrauen zu warten, was Gott daraus macht.

 
Mit gelassenen Grüßen

Sr. Barbara